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Fallbericht: Schleichend auftretende gesundheitliche Beeinträchtigungen bei langfristiger Verfütterung angereicherter Fertigfuttermittel
Autor: Dr. rer. nat. Stefan Brosig (Physikalischer Chemiker)
Zusammenfassung
Die Untersuchung betrifft den Einfluß einer langfristigen Verfütterung von mit Spurenelementen und Vitaminen angereichertem Fertigfutter an Pferde.
Die Untersuchung fand an sieben Pferden unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Rasse über einen Zeitraum von etwa 4 ½ Jahren statt. Je nach Pferd und seinen eigentümlichen Empfindlichkeiten konnte das Auftreten oder die Verschlimmerung unterschiedlicher Krankheitssymptome beobachtet werden, dies allerdings in ähnlicher zeitlicher Reihenfolge. Nach etwa einem halben Jahr der Fütterung zeigten fast alle Pferde noch ein verbessertes Befinden. Ab etwa einem Jahr war durch die Besitzer, die ihre Pferde gut kannten, bei allen ein geringfügiges Auftreten negativer Symptome (z.B. Sommerekzem oder/und Headshaking) zu beobachten. Nach zwei Jahren traten diese negativen Symptome stark heraus. Nach etwa zweieinhalb Jahren wurde die Verfütterung der angereicherten Fertigfuttermittel eingestellt und auf reine Hafer-, Heu-, Stroh-, Gras-, Mohrrüben- und Obstfütterung umgestellt. Bei allen sieben Pferden trat nach einem Zeitraum von ein bis fünf Monaten, charakteristisch nach drei bis vier Monaten, eine erste Besserung im Krankheitsverlauf ein, die sich ab diesem Zeitpunkt, immer verglichen mit dem Befinden im gleichen Vorjahreszeitraum, kontinuierlich fortsetzte. Nach etwa einem Jahr der Futterumstellung waren bei allen Pferden die negativen Symptome entweder gänzlich verschwunden oder stark abgeklungen.
Die Untersuchungen belegen eindeutig gesundheitsschädliche Auswirkungen bei der Verfütterung der verwendeten angereicherten Fertigfuttermittel. Berichte aus verläßlichen Quellen deuten auf ein allgemeines Phänomen hin.
Die bisher in der Literatur zitierten Bedarfswerte für Spurenelemente und Vitamine für Pferde scheinen überhöht zu sein. Auch die Art des Zusatzes scheint der Verdauung des Pferdes nicht gerecht zu sein.
Es wird vorgeschlagen, die maximalen Bedarfswerte eines belasteten Sportpferdes empirisch aus den Futtermitteln eines langfristig erfolgreichen Galopprennstalles zu ermitteln und die minimalen Bedarfswerte auf der Basis des durchschnittlichen Gehalts in natürlichen Futtermitteln.
Schlüsselwörter: Spurenelemente, Vitamine, Pferdefutter, Sommerekzem, Headshaking
Thema der Untersuchung
Einfluß einer langfristigen Verfütterung von mit Spurenelementen und Vitaminen angereichertem Fertigfutter auf Pferde
Untersuchungszeitraum
2 ½ Jahre Verfütterungszeitraum (bei 2 Pferden 3 ½ Jahre) und etwa 2 Jahre Beobachtungszeitraum nach dem Absetzen der Verfütterung
Versuchsmaterial
Pferde
8 Pferde eines kleinen Freizeitreiterstalles mit sehr wenig Fremdkontakt zu anderen Pferden (quasi abgeschlossenes System). Von diesen 8 Pferden wurden aber nur 7 in dieser Studie näher beschrieben, da die Fütterung des achten Pferdes, einer braunen , nun 16-jährigen Shagya-Araberstute, die seit 13 Jahren im Stall ist, vom Autor nicht kontrolliert wurde, sondern nur auf Aussagen der Besitzerin beruht. Demnach erhielt die Stute 4 Kilo Heu, 1 Kilo Stroh, 1 bis 1 ½ Kilo Hafer oder Maisflocken, im Sommer Gras und dann weniger Heu, 50 Gramm Mineralfutter C. Sie verfügte über einen Mineralleckstein, der aber kaum benutzt wurde. Das Pferd, das in den ersten Jahren im Stall gesundheitlich unauffällig war, litt nach Beginn der Fütterung von Mineralfutter an einer von Jahr zu Jahr zunehmenden Empfindlichkeit gegen Insektenstiche, die zuletzt in der warmen Jahreszeit trotz Fütterung von Knoblauch und Bierhefe zu großen nässenden Hautwunden führte. Nach dem Absetzen des Mineralfutters C im Dezember 2000 war im Jahr 2001 nur noch eine deutlich geringere Empfindlichkeit ohne Wunden zu beobachten und diese Empfindlichkeit nahm erkennbar im Jahresverlauf weiter ab. Für diese verbliebene Empfindlichkeit schien Grasfütterung verantwortlich zu sein. Im Jahr 2002 trat dann schließlich bei Fütterung von Heu, Hafer, Gras und weiterhin Bierhefe keine ungewöhnliche Empfindlichkeit gegen Insektenstiche mehr auf, der Zustand der Stute war nun wieder wie vor Beginn der Verfütterung von Mineralfutter!
Pferd P1: englisches Vollblut (ehemaliges Rennpferd, 3 Siege, 18 Plazierungen in 3 Rennjahren von 3 ½ bis 6 ½), Schimmel, Wallach, Stockmaß 1,54 Meter, geschätztes Gewicht 350-400 kg, 15 ½ Jahre (Aug. 2002), leichte Arbeitsbelastung, außerdem täglich mindestens 1 ½ Stunden auf Koppel oder Auslauf, seit 8 ½ Jahren im Stall; P1 ist sicherlich das mit Abstand empfindlichste Tier der Untersuchung
Pferd P2: Trakehner, Schimmel, Stute, Stockmaß 1,66 Meter, geschätztes Gewicht 550-600 kg, 28 ½ Jahre (Aug. 2002), praktisch keine Arbeitsbelastung (seit 1 Jahr gar keine mehr), täglich mindestens 2 ½ Stunden auf Koppel oder Auslauf, seit 12 Jahren im Stall
Pferd P3: Polnisches Warmblut, Schimmel, Wallach, Stockmaß 1,68 Meter, geschätztes Gewicht 550-600 kg, , praktisch keine Arbeitsbelastung, täglich mindestens 2 ½ Stunden auf Koppel oder Auslauf, 11 Jahre lang im Stall (letztes Jahr am 31.7.2001 im Alter von 26 ½ Jahren vermutlich an Darmriß eingegangen)
Pferd P4: Polnisches Warmblut, Fuchs, Wallach, Stockmaß 1,55 Meter, geschätztes Gewicht 450 kg, 31 ½ Jahre (Aug. 2002), praktisch keine Arbeitsbelastung (seit 1 Jahr gar keine mehr), täglich mindestens 2 ½ Stunden auf Koppel oder Auslauf, seit 7 Jahren im Stall
Pferd P5: Haflinger, Wallach, Stockmaß 1,48 Meter, geschätztes Gewicht 500 kg, 16 ½ Jahre (Aug. 2002), mittlere Arbeitsbelastung, außerdem täglich mindestens eine Stunde auf Koppel oder Auslauf, seit 12 Jahren im Stall
Pferd P6: Haflinger, Stute, Stockmaß 1,46 Meter, geschätztes Gewicht 500 kg, 6 ½ Jahre (Aug. 2002), leichte bis mittlere Arbeitsbelastung, außerdem tagsüber auf Koppel oder Auslauf (bis ins Jahr 2001 zusammen mit P7), seit 6 Jahren im Stall
Pferd P 7: Haflinger, Stute, Stockmaß 1,37 Meter, geschätztes Gewicht 400-450 kg, 6 ½ Jahre (Aug. 2002), leichte bis mittlere Arbeitsbelastung, außerdem tagsüber auf Koppel oder Auslauf (bis ins Jahr 2001 zusammen mit P6), seit 6 Jahren im Stall
Alle Pferde stehen in Außenboxen und in der Nähe eines Misthaufens. P2 und P3 etwa 5 Meter von dessen Rand entfernt, P1 und P4 etwa 10 Meter entfernt, P 6 etwa 15 Meter entfernt, P5 und P 7 etwa 20 Meter entfernt.
Die Pferde P1 bis P4 sind im Besitz des Autors, die drei anderen haben jeweils unterschiedliche Besitzerinnen.
Futtermittel
Natürliche Futtermittel:
Heu (aus eigener Herstellung, jedes Jahr von denselben Wiesen, keine Kunstdüngung, Erntezeitraum etwa Mitte Juli), Stroh, Hafer, eingeweichte Rübenschnitzel, Karotten, Obst, in der warmen Jahreszeit Gras (kleine Weide, nur etwa 3,5 Ar pro Pferd)
Fertigfuttermittel und Mineralfutter (Zusammensetzung laut Herstellerangaben siehe Tab.1):
– Müslifutter A:
Fütterungsempfehlung laut Hersteller (550 kg Pferd, leichte Arbeit): 2 bis 3 Kilogramm bei Fütterung mit 5 Kilogramm Heu
– Müslifutter B:
Fütterungsempfehlung laut Hersteller (600 kg Freizeitpferd): 0,5 bis 3 Kilogramm pro Tag
– Mineralfutter C:
Fütterungsempfehlung laut Hersteller (Reitpferd): 100 bis 150 Gramm pro Tag
– Pellets D:
Fütterungsempfehlung laut Hersteller (500 kg Pferd, leichte bis mittlere Arbeit): 2,5 bis 3 Kilogramm + 2,5 bis 3 Kilogramm Hafer, Heu frei verfügbar
Tab.1: Inhaltsstoffe und Zusatzstoffe der verwendeten Fertigfutter und Mineralfutter laut Herstellerangaben
Inhaltsstoffe:
|
Müslifutter A
|
Müslifutter B
|
Mineralfutter C
|
Pellets D
|
Calcium |
1,2 %
|
0,7 %
|
10 %
|
1,5%
|
Phosphor |
0,5 %
|
0,4 %
|
2 %
|
0,5%
|
Natrium |
0,3 %
|
0,4 %
|
5 %
|
keine Angabe
|
Magnesium |
0,19 %
|
0,25 %
|
2 %
|
0,6%
|
Zusatzstoffe (pro kg):
(mg = Milligramm = tausendstel Gramm, mcg = Microgramm = millionstel Gramm)
|
Müslifutter A
|
Müslifutter B
|
Mineralfutter C
|
Pellets D
|
Zink |
300 mg
|
144 mg
|
2500 mg
|
keine Angabe
|
Kupfer |
30 mg
|
53 mg
|
1000 mg
|
10 mg
|
Mangan |
75 mg
|
72 mg
|
1200 mg
|
keine Angabe
|
Eisen |
75 mg
|
160 mg
|
2500 mg
|
keine Angabe
|
Kobalt |
0,56 mg
|
0,3 mg
|
4 mg
|
keine Angabe
|
Jod |
0,7 mg
|
1,3 mg
|
20 mg
|
keine Angabe
|
Selen |
0,75 mg
|
0,5 mg
|
8 mg
|
keine Angabe
|
|
|
|
|
|
Vitamin A |
20250 I.E.
|
18200 I.E.
|
300000 I.E.
|
30000 I.E.
|
Vitamin D3 |
1350 I.E.
|
1820 I.E.
|
30000 I.E.
|
3000 I.E.
|
Vitamin E |
300 mg
|
350 mg
|
2600 mg
|
150 mg
|
Vitamin B1 |
18,75 mg
|
12 mg
|
150 mg
|
keine Angabe
|
Vitamin B2 |
2,25 mg
|
17 mg
|
150 mg
|
keine Angabe
|
Vitamin B6 |
15 mg
|
17 mg
|
150 mg
|
keine Angabe
|
Vitamin B12 |
40,5 mcg
|
130 mcg
|
1000 mcg
|
keine Angabe
|
Vitamin K3 |
8,25 mg
|
6 mg
|
25 mg
|
keine Angabe
|
Folsäure |
4,5 mg
|
3,7 mg
|
30 mg
|
keine Angabe
|
Calcium-panthotenat |
22,5 mg
|
70 mg
|
600 mg
|
keine Angabe
|
Niacin |
keine Angabe
|
100 mg
|
850 mg
|
keine Angabe
|
Biotin |
225 mcg
|
1000 mcg
|
10000 mcg
|
200 mcg
|
Cholin-chlorid |
150 mg
|
430
|
7000 mg
|
keine Angabe
|
Nikotinsäure |
33,75 mg
|
keine Angabe
|
keine Angabe
|
keine Angabe
|
Versuchsdurchführung
Die oben benannten Futtermittel wurden den Pferden P1 bis P7 gemäß den Mengen und Zeiträumen, die in den Tab. 2 und 3 angegeben sind, verfüttert. Die meisten Pferde erhielten etwa 2 ½ Jahre oder länger angereicherte Futtermittel in Mengen, die meist deutlich unterhalb der Herstellerempfehlungen lagen. Danach wurden die unterschiedlichen angereicherten Futtermittel über einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr nacheinander abgesetzt, beginnend mit dem Futter, welches den Pferden die höchsten Mengen an Zusatzstoffen zuführte. Völlig ohne Fertigfutter sind die Pferde P1 bis P4 seit Februar 2001, P5 seit Oktober 2000, P6 und P7 seit April 2001.
P6 hat als Pferd der Stallbesitzerin seit Anfang des Jahres 2002 eine vergrößerte Koppelfläche von etwa zehn Ar zur Verfügung, die direkt neben einer mittelstark befahrenen Straße liegt.
Tab.2: Tägliche Futtermengen und Verfütterungszeitraum der verwendeten Futtermittel vor der Umstellung auf natürliche Futtermittel
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P1
|
P2
|
P3
|
P4
|
P5
|
P6
|
P7
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|
|
|
|
|
“Winter”
(Nov.-April)
|
|
Heu
|
4 kg
|
5 kg
|
5 kg
|
4 kg
|
5 kg
|
5 kg
|
4 kg
|
|
|
Hafer
|
2 kg
|
1,0 kg
|
1,5 kg
|
1,0 kg
|
1,5 kg +
0,25 kg getrocknetes Brot
|
0
|
0
|
|
|
Stroh
|
1,5 kg
|
beliebig
|
beliebig
|
beliebig
|
2 kg
|
beliebig
|
beliebig
|
|
|
Rübenschnitzel
(Trockengewicht)
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0,3 kg
|
0,3 kg
|
|
|
Frischkost (Möhren, Äpfel)
|
2 kg
|
2 kg
|
2 kg
|
2 kg
|
1 kg
|
3 kg
|
2 kg
|
|
|
A
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
1 kg
(Jan. 97 bis Jan. 2001)
|
0,5 kg
(Jan. 97 bis Dez. 2000)
|
|
|
B
|
0,5 kg
(Dez. 97 bis Nov. 2000)
|
0,25 kg (Dez. 97 bis Nov. 2000)
|
0,25 kg
(Dez. 97 bis Nov. 2000)
|
0,25 kg
(Dez. 97 bis Nov. 2000)
|
0
|
0
|
0
|
|
|
C
|
0,08 kg
(März 98 bis Juli
2000)
|
0,05 kg
(März 98 bis Juli
2000)
|
0,05 kg
(März 98 bis Juli
2000)
|
0,05 kg
(März 98 bis Juli
2000)
|
0,1 kg
(März 99 bis
Okt. 2000)
|
0,1 kg
(Juni 97 bis Dez. 2000)
|
0,05 kg
(Juni 97 bis Nov. 2000)
|
|
|
D
|
0,5 kg
(Dez. 97 bis 2/2001)
|
0,5 kg
(Dez. 97 bis 2/2001)
|
1,0 kg
(Dez. 97 bis 2/2001)
|
0,5 kg
(Dez. 97 bis 2/2001)
|
0
|
1 kg
(Jan. 2001 bis April 2001)
|
0,5 kg
(Dez. 2000 bis April 2001)
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
“Sommer”
(Mai-Okt.)
|
|
wie oben, aber deutlich weniger Möhren oder Äpfel, wegen Gras (kleine Koppel + Fressen am Zügel jeden Tag etwa ¼ Stunde), außerdem bei Koppelgang etwa ein Kilo Heu weniger (bis etwa Juli, dann wie im Winter)
|
Tab.3: Tägliche Futtermengen der verwendeten Futtermittel nach der Umstellung auf natürliche Futtermittel
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|
P1
|
P2
|
P3
|
P4
|
P5
|
P6
|
P7
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
“Winter”
(Nov.-April)
|
|
Heu
|
7 kg
|
6 kg
|
6 kg
|
5 kg
|
6 kg
|
6 kg
|
5 kg
|
|
|
Hafer
|
1,5 kg
|
1,5kg
(seit Mai 2002
1 kg)
|
2,0 kg
|
1,5 kg
(seit Mai 2002
1 kg)
|
1,5 kg +
0,25 kg getrocknetes Brot
|
1,0 kg
(seit April 2001)
|
0,5 kg
(seit April 2001)
|
|
|
Stroh
|
1,5 kg,
seit 11/2001
beliebig
|
beliebig
|
beliebig
|
beliebig
|
beliebig
|
beliebig
|
beliebig
|
|
|
Rübenschnitzel
(Trockengewicht)
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0,3 kg
(bis Febr. 2002)
|
0,3 kg
(bis Febr. 2002)
|
|
|
Frischkost (Möhren, Apfel)
|
2 kg
|
2 kg
|
2 kg
|
2 kg
|
1 kg
|
3 kg
|
2 kg
|
|
|
A
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
|
|
B
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
|
|
C
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
|
|
D
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
0
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
“Sommer”
(Mai-Okt.)
|
|
wie oben, aber deutlich weniger Möhren oder Äpfel, wegen Gras (kleine Koppel + Fressen am Zügel jeden Tag etwa ¼ Stunde), außerdem bei Koppelgang etwa ein Kilo Heu weniger (bis etwa Juli, dann wie im Winter)
|
“Fütterungsvorgeschichte” der beobachteten Pferde, sofern nachvollziehbar:
P1: Aufgewachsen auf Weiden in der Normandie (Deauxville). Von 1990 bis zum Einzug in den Stall 1994 Rennpferd in Rennställen mit konventioneller Fütterung (kein Fertigfutter), danach bis zur Futterumstellung 1997 täglich ungefähr 4 kg Heu, 2 ½ kg Hafer, ½ kg Pellets nicht mehr feststellbarer Zusammensetzung, Stroh beliebig, 2 kg Möhren oder Obst (im Sommer weniger, wegen Gras)
P2 bis P4: Von Geburt bis zur Umstellung auf Fertigfutter nur natürliche Futtermittel (Heu, Hafer, Stroh, Möhren, Obst); die drei Pferde waren bis 1986 Schulpferde in einem Schulstall mit insgesamt 26 Schulpferden, in dem täglich außer etwa 3 Kilogramm Hafer etwa 6 Kilogramm Heu und im Sommer zusätzlich Gras gefüttert wurde. Heu und Gras stammten von den gleichen Wiesen wie das Heu in dieser Untersuchung, das Heu wurde allerdings bereits Mitte Juni eingebracht. In diesem Schulstall, der von 1972 bis 1986 in räumlicher Nähe zum Stall dieser Untersuchung bestand und dessen Pferde und Fütterung der Autor durch mehrjährige dortige Tätigkeit als Amateurreitlehrer gut kannte, waren Symptome wie Headshaking oder Sommerekzem nicht aufgetreten, die Pferde waren hart und leistungsfähig und wurden, abgesehen von einem Verlust durch Kolik und einem durch Dämpfigkeit, alle unter dem Sattel über 20 Jahre alt.
P5: Vom Einzug in den Stall im Jahr 1990 bis zum Beginn der Fütterung von Mineralfutter nur natürliche Futtermittel und Brot
P6 und P7: Im Alter von etwa 6 Monaten Einzug in den Stall (Sept. 1996, Fohlen aus Südtirol), danach etwa 3 Monate Fohlenstarter, dann Fütterung wie in der Tabelle beschrieben.
Verlaufsentwicklung der beobachteten Krankheitssymptome
Englischer Vollblutwallach P1:
Bei Verfütterung von angereichertem Fertigfutter und Mineralfutter:
P1 war vom Einzug in den Stall an ein leichter Headshaker (Empfindlichkeit gegen Pollen) mit empfindlichen Hufen (kein konventioneller Beschlag möglich wegen Bildung von Hufgeschwüren), ansonsten gesund. Vom Kauf im Februar 1994 bis zum Sommer 1998 trat eine stetige leichte Zunahme des Headshakings auf, die Zeiträume von November bis etwa Februar waren jedoch stets beschwerdefrei. 1998/99 trat erstmals das Headshaking auch in den Wintermonaten auf und war dann in den warmen Monaten deutlich verstärkt, im Winter 1999/2000 dann noch deutlich weiter gegenüber dem vorhergehenden Winter verstärkt, und in den warmen Monaten des Jahres 2000 so stark, daß er an manchen Tagen unreitbar war (Pferd weigerte sich vorwärts zugehen). Weiterhin trat ab dem Winter 1999/2000 eine verstärkte Warzenbildung auf und im März 2000 eine völlig überschießende Bildung wilden Fleisches an einer Wunde. Mitte Juni 1999 bildeten sich überraschend Ödeme an drei Beinen, die durch Antibiotika beseitigt wurden, Mitte Juni 2000 trat fast auf den Tag genau das gleiche auf und diesmal noch deutlich stärker. Die Kronsäume, ganz besonders die der Hinterhufe, wurden ab dem Winter 98/99 langsam aber stetig röter, die Empfindlichkeit der Hufe nahm zu und das Pferd wurde daher immer kürzer geritten.
Am 13. 7. 2000 wurde daher eine erste Blutanalyse durchgeführt. Das Ergebnis ist in Tab.4 wiedergegeben.
Tab.4: Blutanalysen von P1
Test
|
Normbereich
|
Ergebnis
13.7.2000
|
Ergebnis
16.8.2000
|
Ergebnis
10.10.2000
|
Zink
|
120-170 μg/dl
|
331
|
267
|
151
|
Kupfer
|
110-170 μg/dl
|
83
|
119
|
104
|
Calcium
|
11.0-12.7 mg/dl
|
12,8
|
|
|
Magnesium
|
2,2-2,8 mg/dl
|
2,0
|
|
|
Thiocyanat
|
0-20 μmol/l
|
32
|
|
|
ges. saure Phosp.
|
0,5-7 U/l
|
0,1
|
|
|
Alk. Phosphatase
|
130-210 U/l
|
86
|
|
|
Gamma GT
|
8-20 U/l
|
7
|
|
|
AST (SGOT)
|
240-430 U/l
|
223
|
|
|
Albumin
|
3,2-4,0 g/dl
|
4,1
|
|
|
Natrium
|
137-142 mmol/l
|
136
|
|
|
Kalium
|
3,5-4,9 mmol/l
|
3,8
|
|
|
Chlorid
|
97-103 mmol/l
|
100
|
|
|
Eisen
|
125-255 μg/dl
|
152
|
|
|
Gesamt-Eiweiß
|
6,2-7,2 g/dl
|
6,6
|
|
|
anorg. Phosphor
|
2,8-4,2 mg/dl
|
3,5
|
|
|
Bilirubin
|
1,3-2,6 mg/dl
|
2,56
|
|
|
ALT (SGPT)
|
5-20 U/l
|
5
|
|
|
LDH
|
275-430 U/l
|
296
|
|
|
Gesamt-CK
|
140-250 U/l
|
189
|
|
|
Glucose
|
60-105 mg/dl
|
64
|
|
|
Triglyceride
|
30-70 mg/dl
|
32
|
|
|
Cholesterin
|
80-150 mg/dl
|
88
|
|
|
Cholinesterase
|
2000-5000 U/l
|
3713
|
|
|
Harnstoff-N.
|
12-18 mg/dl
|
17
|
|
|
Harnsäure
|
0,4-0,9 mg/dl
|
0,7
|
|
|
Creatinin
|
1,3-2,0 mg/dl
|
1,5
|
|
|
Cadmium
|
|
|
|
0,09 μg/dl
|
Auffallend ist der extrem erhöhte Zinkgehalt und der erniedrigte Kupfergehalt. Aufgrund der Blutanalyse wurden noch im Juli Wasser, Heu (Erntezeit: Mitte Juli des Vorjahres) und Weidegras (etwa 30 Meter abseits einer mittelstark befahrenen Straße) auf Zink untersucht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5 dargestellt. Das Wasser war ohne Befund.
Tab.5: Analyse des verfütterten Heus und Weidegrases auf Zink und einige toxische Elemente
Heu
|
Zink
|
Blei
|
Cadmium
|
Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse
|
18,8
|
0,15
|
0,46
|
Weidegras
|
Zink
|
Blei
|
Cadmium
|
Quecksilber
|
Milligramm pro Kilogramm Trockenmasse
|
41,5
|
0,77
|
0,03
|
< 0,06
|
Für Pferd P1 ergibt sich zum Zeitpunkt Juli unter der Annahme einer Aufnahme von 3 kg Heu, geschätzten 2 kg Gras (Trockenmasse), 1,5 kg Stroh, 2 kg Hafer, 0,2 kg Obst (Trockenmasse), 0,5 kg Müslifutter B, 0,08 kg Mineralfutter C und 0,5 kg Pellets D eine gesamte maximale dem Pferd zugeführte Zinkmenge von 3 x 18,8 mg + 2 x 41,5 mg + 1,5 x 30 mg + 2 x 30 mg + 0,2 x 20 mg + 0,5 x (144 + 30) mg + 0,08 x (2500 + 30) mg + 0,5 x (0 + 30) mg = 552,8 mg oder pro Kilo Trockensubstanz 56,52 mg, also nicht weit von dem empfohlenen Mindestgehalt. (Restwassermengen im Futter wurden vernachlässigt.)
Daraufhin wurde sofort (ab Ende Juli 2000) bei den Pferden P1 bis P4 des Autors das Mineralfutter C, welches dem Futter die höchste Zinkmenge zuführte, abgesetzt. P1 erhielt darüberhinaus einen Monat lang (bis Ende August 2000) täglich 20 Milligramm Kupfer in Form von Kupfersulfatlösung als Futterzusatz. Im November wurde dann auch noch das Müslifutter B und im Februar 2001 das Pelletfutter D abgesetzt.
Nach der Umstellung der Fütterung auf natürliche Futtermittel:
Einen Monat nach Absetzen des Mineralfutters C, aber noch unter Zufütterung von 20 Milligramm Kupfer täglich, wurde das Blut von P1 erneut auf Zink und Kupfer untersucht (16.8.2000). Der Zinkgehalt hatte zu sinken begonnen und der Kupfergehalt war in den Normbereich angestiegen (siehe Tab. 4).
3 Monate nach Absetzen des Mineralfutters (10.10.2000) wurde eine dritte Blutanalyse auf Zink, Kupfer und diesmal zusätzlich Cadmium, durchgeführt. Der Zinkgehalt des Blutes hatte sich nun normalisiert und der Kupfergehalt war nun dicht an der unteren Grenze des normalen Bereichs. Der Cadmiumgehalt war unauffällig.
Weitere Blutanalysen wurden nicht durchgeführt, sondern vielmehr auf das eigentlich für den Pferdehalter ausschlaggebende äußere Befinden geachtet, welches alle inneren Parameter des Pferdes, auch die verborgenen, integrativ widerspiegelt.
Erstmals trat im Winter 2000/2001 ab November (außer bei Niederschlag) kein merkliches Headshaking mehr auf. Das Headshaking setzte erst wieder im März 2001 ein und nicht in der starken Form wie in den beiden Jahren zuvor. Auffallend war auch, daß bei Pollenflug nach anfänglichem Schütteln nach einigen Minuten eine Gewöhnung einzutreten schien, im Gegensatz zu den Jahren vorher, in denen das Gegenteil der Fall war. Bis September 2001 waren die Symptome des Headshakings auf das Niveau von schätzungsweise ungefähr 4 Jahren zuvor zurückgegangen (immer verglichen mit der gleichen Jahreszeit). Parallel dazu hellte sich die Röte der Kronsäume der Hinterhufe deutlich auf, die Warzenneubildung und das Wachstum alter Warzen hörte auf, Ödeme traten im Jahr 2001 nicht mehr auf. Die Wundheilung hatte sich ebenfalls normalisiert. Das allgemeine Befinden besserte sich langsam aber stetig. Im Winter 2001/2002 war das Headshaking gegenüber dem Winter davor weiter zurückgegangen. Der Unterschied war aber nicht mehr frappierend. Auch im Frühjahr und Sommer 2002 waren die Symptome gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum nicht mehr wesentlich verbessert, der Heilungsprozeß hatte sich also verlangsamt. Dennoch sind immer noch Fortschritte erkennbar, das Pferd wird langsam aber stetig “härter”.
In den ersten 3 bis 4 Monaten nach der Futterumstellung war allerdings eine erhöhte Nervosität des Pferdes feststellbar, die sich aber etwa ebenso rasch wieder legte, wie sie aufgetreten war. Ähnlich verhielt es sich bei dem anderen Headshaker P7 im Stall. Die anderen Pferde zeigten keine erhöhte Nervosität.
Darüberhinaus schien die Hornqualität bei P1 als einzige von allen Pferden nach der Umstellung auf natürliches Futter beeinträchtigt: Es trat gegenüber vorher verstärkte Strahlfäule auf. Die Hornqualität normalisierte sich aber binnen ungefähr eines Jahres wieder.
Trakehnerstute P2 und polnische Warmblüterwallache P3 und P4:
Bei Verfütterung von angereichertem Fertigfutter und Mineralfutter:
Alle drei Pferde zeigten im Sommer 1999 andeutungsweise eine stärkere Neigung sich zu scheuern, im Frühjahr und Sommer 2000 scheuerten sie sich noch deutlich häufiger, doch Mähne und Schweif waren äußerlich noch nicht stark betroffen.
Nach der Umstellung der Fütterung auf natürliche Futtermittel:
Alle drei Pferde waren 2001 wieder unauffällig und dies blieb auch im Jahr 2002 bei den noch lebenden alten Pferden P2 und P4 so.
Haflingerwallach P5:
Bei Verfütterung von angereichertem Fertigfutter und Mineralfutter:
P5 hatte sich seit er 1990 in den Stall kam jedes Jahr leicht an der Schweifrübe gescheuert. Im März 1999 wurde bei P5 als letztem der Pferde mit der Fütterung von Mineralfutter C begonnen. Im Sommer 2000 scheuerte sich P5 daraufhin verstärkt an der Schweifrübe, sowie darüberhinaus an Mähne und Ohren, die Flanke war wundgescheuert.
Nach der Umstellung der Fütterung auf natürliche Futtermittel:
P5 scheuerte sich im Frühjahr und Sommer 2001 nur noch an der Schweifrübe und selten an der Mähne. Gegenüber dem Jahr 2001 trat im Sommer 2002 keine weitere deutliche Verbesserung auf. Der Zustand war nun so wie in den Jahren vor der Fütterung des Fertigfutters. Das verbliebene schwache Sommerekzem zeigte, wie auch bei P6 und P7, eine Abhängigkeit von der Grasfütterung.
Haflingerstute P6:
Bei Verfütterung von angereichertem Fertigfutter und Mineralfutter:
P6 war bis einschließlich 1998, abgesehen von einem Infekt bei der Anlieferung als Fohlen, gesundheitlich unauffällig. 1999 trat im Alter von 3 Jahren erstmals in den warmen Monaten trotz einer ganzen Knolle Knoblauch als täglicher Futterzusatz ein deutliches Scheuern an Mähne, Ohren und Schweif auf. Das Scheuern setzte bereits im Januar 2000 wieder ein und steigerte sich bis zum Herbst 2000 dermaßen, daß trotz Mückenabwehrmittel Mähne und Schweif abgerieben, sowie Ohren, Hals, Schulter und Flanke stets blutig waren. Das Scheuern endete erst Ende Dezember 2000. Nach langem Bedrängen wurde von der Besitzerin leider erst im Januar (mehr als einen Monat nach Absetzen des Mineralfutters C und auch erst etwa 2 Wochen nach Absetzen des Fertigfutters A) eine Blutanalyse auf Zink durchgeführt, die einen Wert von 169 μg/dl ergab, also den oberen Grenzwert des Normalbereichs von 120 bis 170 μg/dl.
Nach der Umstellung der Fütterung auf natürliche Futtermittel:
Das Pferd begann im März 2001, sich wieder an Mähne, Ohren, Schweifrübe und Schultern zu scheuern. Ab etwa Juli war ein leichter Rückgang der Beschwerden feststellbar, ab August ein deutlicher Rückgang; blutige Wunden an Hals, Schulter und Flanke traten nicht mehr auf, das Pferd ließ sich von Mücken auch nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen. Das Fell begann nachzuwachsen. Im Frühjahr und Sommer 2002 wiederholte sich das gleiche wie im Jahr 2001. Besitzerin und Reitbeteiligung experimentierten allerdings auch “wild” mit Schachtelhalmtee und Bierhefe. Es wurde dann aber in mehrmaligem Versuch eine Empfindlichkeit auf das Koppelgras (direkt neben mittelstark befahrener Straße) gefunden, die den Großteil des verbliebenen Restes des Sommerekzems zu erklären scheint, zumal das Pferd seit Anfang 2002 über eine deutlich größere Koppel direkt neben einer mittelstark befahrenen Straße verfügt. Ohne Grasfütterung geht der Juckreiz bereits binnen einiger Tage, selbst bei Belastung durch Mücken, stark zurück.
Haflingerstute P7:
Bei Verfütterung von angereichertem Fertigfutter und Mineralfutter:
P7 war bis einschließlich 1998, abgesehen von dem gleichen Infekt bei der Anlieferung als Fohlen wie bei P6, gesundheitlich unauffällig. Im Jahr 1999 trat im Alter von 3 Jahren erstmals an manchen Tagen Headshaking auf, welches im Winter völlig verschwand, sowie ein leichtes Sommerekzem an der Schweifrübe. Im Frühjahr 2000 trat das Headshaking erneut und drastisch verstärkt auf, zudem leichtes bis mittleres Sommerekzem an Schweif und Mähne. Zusätzlich zum Schütteln und Schnauben schlug das Pferd an Tagen mit starkem Pollenflug mit dem Huf gegen die Nase (auch beim Führen), rieb diese über den Boden und verweigerte an manchen Tagen das Vorwärtsgehen.
Nach der Umstellung der Fütterung auf natürliche Futtermittel:
P7 war wie P1 im Winter 2000/2001 praktisch beschwerdefrei und begann ebenso wie P1 im März 2001 wieder mit Headshaking in abgeschwächter Form. Das Headshaking nahm bis etwa Juni an Intensität zu, erreichte jedoch bei weitem nicht mehr die Intensität des Vorjahres. Die Stute schlug nicht mehr mit dem Huf nach der Nase und rieb diese auch nicht mehr auf dem Boden. Ab August 2001 war das Pferd wieder fast ohne Beschwerden und konnte problemlos auch mehrere Stunden geritten werden. Leichtes Sommerekzem trat nur noch an der Schweifrübe auf. Der Winter war völlig beschwerdefrei. Im Frühjahr und Sommer 2002 waren die Symptome des Headshakings und Sommerekzems noch schwächer als im Vorjahr ausgeprägt. Die Heilung schritt bei dieser jüngeren Haflingerstute also schneller voran als bei dem älteren Vollblutwallach P1. Auch bei dieser Stute war das noch verbliebene schwache Sommerekzem von Grasfütterung abhängig.
Ob die Aufnahme des im Zinkgehalt erhöhten Koppelgrases auch für die verbliebenen Reste von Headshaking bei P1 und P7 verantwortlich ist, ist unklar und wird sich vielleicht erst im nächsten Jahr zeigen.
Diskussion
Die beschriebenen Beobachtungen legen nahe, daß angereichertes Fertigfutter und Mineralfutter bei langfristiger Verfütterung Sommerekzem und Headshaking beim Pferd drastisch verstärken oder diese Krankheitsbilder bei einer Anfälligkeit dafür erst aufdecken (Brosig 2001a, 2001b). Die Beobachtungen zeigen auch, daß die auftretenden Symptome durch Umstellung auf natürliches Futter wieder beseitigt oder stark abgeschwächt werden können. Die Krankheitsgeschichte des besonders empfindlichen Pferdes P1 deutet darauf hin, daß durch Fertigfuttermittel auch andere Schwächen eines Pferdes aufgedeckt oder verstärkt werden können. Eine Beteiligung eines Herpesvirus am Krankheitsbild ist möglich, denn mindestens die Pferde P1, P6 und P7, die besonders starke Symptome zeigten, sind Virusträger. Allerdings erhielt vor allem P1, aber auch P6 und P7 bezogen auf das Körpergewicht und auch im Verhältnis Fertigfutter/Gesamtfuttermenge deutlich mehr oder über längere Zeit Fertigfutter als die anderen Pferde.
Nach dem Beginn der Verfütterung von Fertigfutter dauerte es meistens über ein Jahr bis zum ersten andeutungsweisen Erkennen von Krankheitssymptomen bei den Pferden. Zumindest im ersten halben Jahr war dabei eher ein positiver Einfluß auf das Erscheinungsbild des Pferdes zu beobachten (z.B. leichterer Fellwechsel), was zum irrigen Schluß verleitete, das Futter sei auch in der weiteren Zukunft förderlich. Nach zwei Jahren zeigten aber alle Pferde gegenüber der Zeit vor der Verfütterung von Fertigfutter eine nicht mehr zu übersehende bis starke Verschlechterung in ihrem Befinden. Nach dem Absetzen des Fertigfutters dauerte es dann durchschnittlich etwa 3 bis 4 Monate, bis die ersten Zeichen einer Besserung zu erkennen waren (Brosig 2001c). Anschließend fand langsam aber stetig und deutlich erkennbar bei allen beobachteten Pferden eine Verbesserung in ihrem Befinden verglichen mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres statt. Diese zu beobachtende Umkehrung des Krankheitsverlaufs findet dabei anfangs schneller statt, als das Auftreten der Symptome. Pferde, die nur schwach von Symptomen befallen waren, waren als erste wieder beschwerdefrei (P2 bis P5). Nach einem Jahr scheint die Heilungsgeschwindigkeit abzunehmen, was auf unterschiedliche Heilungsmechanismen hindeuten kann.
Die Pferde verhielten sich so, als ob die Schwelle des Reizes, ab der das Pferd einen Reiz als unerträglich empfindet, langsam wieder anstiege, so daß eine ansonsten gleiche Reizstärke nur noch eine geringere oder nicht mehr wahrnehmbare Reaktion des Pferdes darauf hervorruft.
Wurde Pferden mit Sommerekzem, die bereits einige Monate auf dem Weg der Besserung waren, kurzfristig und einmalig angereichertes Fertigfuttermittel oder Mineralfuttermittel verfüttert, so reagierten sie bereits am Tag darauf kurzfristig mit einem wenigstens leichten Rückfall, selbst im Winter. (Mehrere Versuche bei P3 und P6.) Dies deutet auch auf eine Sensibilisierung gegen gewisse Futterbestandteile hin. Eine solche Sensibilisierung ist z.B. schon bei Sloet van Oldruitenborgh-Oosterbaan (2001) erwähnt, allerdings als Ursache für einen Juckreiz und nicht als Verstärkungsfaktor eines anderweitig hervorgerufenen bereits vorhandenen geringfügigen Juckreizes.
Die Beobachtungen zeigen, daß alle bisher durchgeführten Verfütterungsversuche bei Pferden, die sich über weniger als 15 Monate erstrecken und zur falschen Jahreszeit oder in einer reizarmen Umgebung durchgeführt wurden, keine Aussage über die dauerhafte Verträglichkeit des betreffenden Futters machen können. Eine Dauer von zwei Jahren erscheint dem Autor daher für Verfütterungsversuche sinnvoll. Bei Versuchsdauern von weniger als zwei Jahren sollte zumindest darauf geachtet werden, daß Frühjahr und Sommer zwei Mal abgedeckt sind, denn die bei den Pferden in dieser Studie vor allem auftretenden Krankheitssymptome Juckreiz und Headshaking treten hauptsächlich in der warmen Jahreszeit auf (z. B. Versuchsdauer von 18 Monaten vom April des einen Jahres bis September des nächsten Jahres). Es ist dann möglich, das Befinden der Tiere mit dem Befinden im gleichen Vorjahreszeitraum zu vergleichen. Weiterhin sollte es sich bei den untersuchten Tieren um gleichmäßig genutzte Reitpferde handeln, da z. B. Headshaking bei den meisten unbelasteten Pferden sonst unerkannt bliebe. Außerdem sollte es sich um Tiere in Außen- oder Paddockboxen und mit Weidegang handeln, die dadurch Insekten ausgesetzt sind, die deren Empfindlichkeit für Sommerekzem auf die Probe stellen.
Die in dieser Studie beschriebenen Beobachtungen liefern eine mögliche Erklärung für die stetige Zunahme der Erkrankungen Sommerekzem und Headshaking in den Pferdebeständen. Sie erklären auch die schnelle Ausbreitung allergischer Erkrankungen in die neuen Bundesländer nach Wegfall der innerdeutschen Grenze. Sie sind auch in Einklang mit einer Beobachtung von Deutschlands erfolgreichstem Galopprenntrainer Heinz Jentzsch, daß alle Rennpferdetrainer, die von natürlichen Futtermitteln auf Fertigfuttermittel umgestiegen sind, nach einiger Zeit das Training aufgeben mußten (Brosig 2001d) und daß weiterhin die klassisch gefütterten Rennpferde die Prüfungen überlegen dominieren.
Es muß aber auch gesagt werden, daß laut Herrn Jentzsch die Verfütterung von Vitaminen Vorteile für Rennpferde bringt, die ja im Training kein Gras erhalten. Insofern engt sich der schädliche Einfluß von Fertigfutter auch gemäß dieser Aussage auf die überschüssig angebotenen Spurenelemente ein. Die Rennpferde von Herrn Jentzsch erhielten im wesentlichen etwa 6 Kilogramm Heu und 5 bis 6 Kilogramm Hafer (Stuten weniger als Hengste, nur wenige Pferde fraßen mehr als 6 Kilogramm). Stroh war als Einstreu frei verfügbar. (Hobelspäne haben sich für Rennpferde, außer in Ausnahmefällen, nicht bewährt!) Die Pferde erhielten außer ein bis zweimal die Woche Mash auch noch 1 bis 3 Kilo Möhren, sowie einen Sirup, der fast ausschließlich Vitamine enthielt. Ein normaler Kochsalzleckstein (kein Mineralleckstein!) war den Pferden frei verfügbar.
Für die in diesem Bericht beschriebenen Beobachtungen möchte der Autor zwei mögliche Erklärungen anbieten, die einzeln oder in Kombination wirksam sein könnten:
a.) eine Überfütterung mit Spurenelementen und Vitaminen, sowie
b.) die Darbietung der Spurenelemente in einer für die Pferdeverdauung ungeeigneten Form (zu schnelle Aufnahme durch den Darm).
Weitere Möglichkeiten sind Reaktionen der Pferde auf Bindemittel und Melasse. Da das Mineralfutter C nach Ansicht des Autors den größten Einfluß auf den Krankheitsverlauf der Pferde ausübte, obwohl es die geringste Menge an Bindemittel in der täglichen Futtermenge enthielt, sollte das Bindemittel aber nur einen zusätzlichen möglichen schädigenden Faktor darstellen.
zu a.)
Die für Pferde in der Literatur angegebenen Bedarfswerte für Spurenelemente, z.B. für Zink 50 mg pro Kilogramm Futtertrockenmasse und für Kupfer bis zu 20 mg pro Kilo Trockenmasse (EU-Arbeitsgruppe Doc. VI/7154/99 von 1999) stimmen in keiner Weise mit den durchschnittlichen Gehalten überein, die in den natürlichen Futtermitteln enthalten sind, die die Pferde in den Jahrmillionen ihrer Evolution und auch anschließend den vielen Jahrhunderten ihrer Zucht durch den Menschen zu sich genommen haben. Auf diese Gehalte hin ist das Pferd aber durch Selektion optimiert, denn es wurden stets diejenigen Pferde zur Zucht herangezogen, die mit diesen Futtermitteln optimale Leistung bringen konnten.
Die in der Literatur angegebenen Bedarfswerte sind vielmehr von anderen Tierarten, vor allem aus der Aufzucht, übernommen und anscheinend anschließend bei Pferden, worauf diese Studie deutlich hinweist, nicht langfristig genug getestet worden.
Nachfolgend sind in Tab.6 gemittelte Analysenwerte von Heu für die landwirtschaftliche kanadische Provinz Alberta (unter www.agric.gov.ab.ca/livestock/beef/mineral2.html im Internet erhältlich) wiedergegeben.
Die Gehalte an Spurenelementen im Heu variieren zwar über die Vegetationsperiode stark (Underwood 1981) und sind auch etwas von den Pflanzenarten abhängig, doch sollten die angegebenen Durchschnittswerte pro Kilo Trockensubstanz nach Ansicht des Autors auch in etwa (± 20% Toleranz) dem langfristigen Bedarf des Pferdes entsprechen. Stärker arbeitende Pferde erhalten schließlich eine höhere Menge an Spurenelementen pro Kilogramm Lebendgewicht durch die deutlich erhöhte Futtermenge; der Bedarf pro Kilo verfütterter Trockenmasse sollte daher nicht stark abweichen, außer bei Natrium, welches als reiner Salzleckstein angeboten werden sollte, wie z.B. auch im früheren Rennstall von Heinz Jentzsch. (Andere Heuanalysen sind z.B. bei Spears 1994 oder über Suchmaschinen im Internet zu finden.)
Für Rennpferde könnte der Zinkbedarf etwas höher bei etwa 30 Milligramm pro Kilo Trockenmasse angesiedelt sein, einem Wert, der sich aus der Futterration erfolgreicher Rennpferde berechnen läßt (Hafer enthält im Durchschnitt etwas mehr Zink als Heu).
Tab.6: Durchschnittliche Analyse von Heu der Provinz Alberta, Kanada
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Zink |
23,8 Milligramm |
Kupfer |
7 Milligramm |
Mangan |
35,7 Milligramm |
Daß die jungen Haflinger P6 und P7 trotz längerer Verfütterung von Fertigfuttermitteln erst 1999 dreijährig begannen, erste Symptome zu zeigen, die sich dann im Jahr 2000 unverhältnismäßig verstärkten, deutet darauf hin, daß junge Pferde im Wachstum erhöhten Gehalt an Spurenelementen besser vertragen, vermutlich, weil sie ihn großteils im schnellen Wachstum verbrauchen. Erst bei Abschluß des Wachstums findet eine Anreicherung in Depots im Körper (z.B. Knochen, Leber, Prionenprotein im Gehirn!) statt.
Der Autor vermutet, daß sich die beobachteten Krankheitssymptome bei Überfüllung der Depots zu entwickeln beginnen.
Er vermutet auch, daß eine höhere Versorgung mit Spurenelementen bei jungen Pferden diese zwar schneller wachsen und reifen läßt, daß darunter allerdings die “Härte” leidet. Dies könnte ein Grund für die empirisch zu beobachtende größere Härte der Pferde aus Osteuropa gegenüber unseren heutigen Pferden sein.
Eine sicher nicht einmal vollständige Liste, die zeigt, wie komplex das Zusammenwirken der einzelnen Vitamine und Spurenelemente untereinander ist (Kutsky 1981, Underwood 1988), ist in Tab.7 zusammengestellt. Es ist aus dieser Aufstellung ersichtlich, wie leicht z.B. durch künstliche Überschüsse eines Bestandteils in der Ernährung ein Mangel an anderen Bestandteilen erzeugt werden kann, obwohl diese im Futter eigentlich ausreichend vorhanden sind:
Tab.7: Wechselbeziehungen einiger Spurenelemente und Vitamine bei der Aufnahme durch den Körper
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Aufnahme wird gesteigert durch
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Aufnahme wird verringert durch
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Kalzium
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Vitamin D, Vitamin A
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Magnesium
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Zink
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Aminosäuren
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Kupfer, Kalzium, Eisen, Mangan, Selen
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Kupfer
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Aminosäuren
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Zink, Kalzium, Eisen,
Molybdän, Vitamin C
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Magnesium
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Vitamin D
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Kalzium, Natrium
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Natrium
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Aminosäuren
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Kalzium, Magnesium
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Chrom
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Aminosäurechelate
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Zink, Eisen, Mangan
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Selen
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Aminosäuren
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Kupfer
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Eisen
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Vitamin C
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Kalzium, Magnesium, Zink, Kupfer, Chrom, Mangan
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Ein solches System ist ohne zusätzliche dämpfende Komponenten (z.B. Depots im Körper, sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe als Puffersubstanzen, wie sie im natürlichen Futter vorkommen) praktisch nicht in den Griff zu bekommen. Theoretisch handelt es sich um ein schwingendes System ähnlich dem einer oszillierenden chemischen Reaktion (rückgekoppeltes System außerhalb des Gleichgewichtszustandes), allerdings allein aufgrund der Heterogenität noch ungleich komplexer. Die bei den heutigen überversorgten Pferden gemessenen Mängel an Spurenelementen sind daher nach Ansicht des Autors häufig durch Überschüsse bestimmter anderer Nahrungsbestandteile im Fertigfutter bedingt, denen als regelnd wirkende Komponenten die sekundären Pflanzeninhaltsstoffe fehlen (z.B. Zink, welches bei P1 den Kupferwert gedrückt hat) . Der Versuch, einen solchermaßen erzeugten Mangel durch Zufütterung zu beseitigen, gleicht dem Versuch, eine Balkenwaage durch ständiges Zulegen von Gewichten auszugleichen – bis der Balken bricht! Vielmehr sollte nach Ansicht des Autors versucht werden, den oder die überschüssig vorhandenen Bestandteile aufzufinden und bis auf ein natürliches Maß zu reduzieren, bevor an eine Anhebung gedacht wird. Hierzu ist eine Futteranalyse durchzuführen und mit den noch vorläufigen Werten in Tab.6 zu vergleichen.
Daß der Organismus des Pferdes sich dabei bis zu einem gewissen Grad auch gut an Futtermittel mit etwas geringeren als den durchschnittlichen Gehalten an Spurenelementen anpassen kann, zeigt das Beispiel des Schulstalles, aus dem die Pferde P2 bis P4 stammen, die ihr Leben lang als Hauptnahrung Heu mit vermutlich unterdurchschnittlichem Zinkgehalt erhielten und dabei gesund und leistungsfähig waren. Allerdings wurde das Heu für die damaligen Schulpferde meistens bereits Mitte Juni eingebracht und enthielt daher vielleicht einen etwas höheren Gehalt an Spurenelementen als den in der Analyse ermittelten (Underwood 1981). Der Autor vermutet, daß sich Pferde auch an natürliche Futtermittel mit etwas höherem als dem durchschnittlichen Gehalt an Spurenelementen anpassen, solange für diesen Überschuß ausreichend regelnde sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe verfügbar sind.
Nach Ansicht des Autors ist auch an der Art, wie Blut- oder Gewebeanalysen interpretiert werden, Kritik angebracht. Wenn z. B. 20 Blutparameter gemessen und dabei zwei als gegenüber dem Normbereich im Mangel gefunden werden, so bedeutet das nicht, daß durch Fütterung oder Infusion dieser zwei Stoffe das Blut als Gesamtes wieder normal wäre! Denn das Leben wird nicht durch 20 Parameter definiert, sondern durch unzählige mehr! Beim Menschen wird z. B. die Zahl steuernder Proteine im Körper auf etwa 500.000 geschätzt. Wenn man bei Messungen von 20 Blutparametern zwei Abweichungen findet, so ist statistisch damit zu rechnen, daß ungefähr zehn Prozent aller meßbarer Parameter und damit Tausende nicht der Norm entsprechen! Einige werden zwar sicher von den gemessenen zwei abhängig sein und sich ebenfalls normalisieren, wenn diese zwei medikamentös in den Normbereich zurückgebracht werden. Aber eben nicht alle. Eine gezielte medikamentöse Behandlung lediglich dieser zwei nicht normalen Parameter kann somit prinzipiell nie zu einer vollkommenen Heilung führen. Der sicherere Weg ist vielmehr, eine Futter zuzuführen, welches durchschnittliche Analysenwerte aufweist, was es zumindest wahrscheinlich macht, daß auch die nicht gemessenen Bestandteile dieses Futtermittels oder wenigstens die meisten von diesen im normalen Bereich liegen. Wenn keine besonderen Stoffwechselkrankheiten vorliegen, müssen sich dann die Blutparameter automatisch wieder in den normalen Bereich bewegen, und zwar nicht nur die gemessenen Parameter, sondern auch die nicht gemessenen bzw. verborgenen!
Über die tieferen Gründe, wieso angereicherte Fertigfuttermittel, wie beobachtet, langfristig verfüttert der Pferdegesundheit abträglich sind, kann der Autor nur mutmaßen (Brosig 2001c). So ist aber das Spurenelement Zink, welches gemeinhin als uneingeschränkt wohltuend angesehen und daher dem Fertigfutter in besonders großen Mengen zugesetzt wird, zwar im Körper einerseits unverzichtbar, doch andererseits stellt es nach neuen Forschungen auch ein Neurotoxin dar, welches z. B. beim Menschen für das Absterben der Hirnzellen nach einem Schlaganfall verantwortlich ist (Lee et.al.1999). Es ist auch mindestens seit 1988 bekannt, daß Zink und Kupfer Neurotransmitter und Neuromodulatoren darstellen, die u.a. für die Weiterleitung von Signalen in den Nerven zuständig sind (siehe z.B. Horning et.al. 2000). Eine Fehlversorgung mit Zink und/oder Kupfer, aber auch Mangan (Brown et.al. 2000), könnte daher auch über ihre An- oder Abreicherung in den Nervenzellen eine direkte Erklärung für das Headshaking liefern: ein schwacher Reiz in der Nase oder im Auge, z. B. durch eine Pollenallergie oder Lichtempfindlichkeit, würde durch die Nerven übermäßig verstärkt weitergeleitet und würde dann zu den beobachteten starken Abwehrreaktionen wie Kopfschütteln und Schnauben führen. Ähnlich ließe sich auch beim Sommerekzem argumentieren. Man hätte es also bei beiden Phänomenen mit einem einheitlichen Wirkmechanismus, nämlich einer Verstärkung über das Nervensystem, zu tun. Bei einem solchen Mechanismus könnte zudem eine weitere zusätzliche Verstärkung durch einen im Nervensystem befindlichen Herpesvirus diskutiert werden.
Neuroaktive Substanzen wie Zink, Kupfer, Mangan, aber auch Selen sind daher nach Ansicht des Autors nicht geeignet, einem Körper über lange Zeit in unnatürlich großen Mengen zugeführt zu werden, wie es durch die meisten Fertigfuttermittel geschieht.
Da die Heilungsgeschwindigkeit nach einiger Zeit abzunehmen scheint, vermutet der Autor mehrere Heilungsmechanismen. So ist es wahrscheinlich, daß sich durch langfristige übermäßige Fütterung neuroaktiver Substanzen die Verknüpfung der Hirnzellen verändert und daß diese falsche Verknüpfung erst in einem langsamen Prozeß wieder beseitigt werden muß. Solche Vorgänge sind nämlich beim Menschen bereits bekannt.
Interessanterweise besteht bei der beobachteten Überversorgung mit Spurenelementen und vermutlich auch Vitaminen auch ein Zusammenhang zum derzeitigen BSE-Skandal (Brosig 2001e). Um das Wachstum der Jungtiere zu beschleunigen erhalten auch Rinder Fertigfutter, welches gegenüber natürlichen Futtermitteln weit überhöhte Mengen an Spurenelementen und Vitaminen als Zusätze enthält. Es ist aber bekannt, daß das Prionenprotein im Gehirn gerade für Kupfer den Hauptspeicher darstellt und auch Zink und Mangan bindet (Brown et.al., 2000). Es ist auch bekannt, daß zumindest im Reagenzglas Kupfer die Bildung der krankhaften Form des Prionenproteins aus einer denaturierten Form katalysiert (McKenzie 1998) und daß die Endocytose des Prionenproteins im Gehirn durch Kupfer stark beschleunigt wird (Pauly und Harris 1998). Da Zink und Mangan ebenfalls an das Prionenprotein binden, ist auch durch diese Elemente eine Beeinflussung wahrscheinlich. Schon aus rein physikalisch-chemischen Gründen folgt nämlich zwingend, daß eine Anreicherung oder Abreicherung von an das Prionenprotein bindenden Spurenelementen dessen Energie relativ zu seiner Umgebung ändert und damit aus thermodynamischen und/oder kinetischen Gründen dessen Bildung oder Weiterreaktion beschleunigen oder verlangsamen muß (Brosig 2001e).
Auf einer Tagung Anfang August 2002 hat der Autor nun erfahren, daß die Tierärztliche Hochschule Hannover die Bedarfswerte für Pferde im Falle des Zinks von 50 Milligramm auf 35 Milligramm herabgesetzt hat. Die Veröffentlichung erfolgt noch dieses Jahr. Dieser Wert ist halbwegs akzeptabel, er ist allerdings immer noch höher als der im gleichen Vortrag vorgestellte Wert von 27,5 Milligramm, bei dem gemäß Messungen Aufnahme und Abgabe durch den Körper gerade gleich sind. Es ist nicht ganz verständlich, wieso dieser Wert unbedingt überschritten werden muß, da jedes zuviel vom Körper ja unter Energieverbrauch ausgeschieden werden muß. Auch dies könnte ein Grund für die Erfolge klassisch gefütterter Rennpferde sein.
zu b.)
Die den Fertigfuttermitteln zugesetzten Spurenelemente liegen alle in einer solchen Form vor, daß sie vom Darm schnell aufgenommen werden. Es handelt sich entweder um ionische Verbindungen (Metallsalze), Verbindungen, die durch die Magensäure wenigstens teilweise in ionische Form überführt werden (z. B. Metalloxide), oder Verbindungen niedrigen Molekulargewichts (z. B. geringfügig dissoziierende Gluconate), die die Darmwand ebenfalls schnell durchdringen können. Demgegenüber sind Spurenelemente in natürlichen Futtermitteln an Makromoleküle (z.B. Eiweiße) gebunden und werden erst mit dem langsamen Abbau derselben freigesetzt. Dies bedeutet, daß die künstlich zugesetzten Spurenelemente größtenteils bereits im vorderen dafür zuständigen Darmabschnitt aufgenommen werden, und diesen Darmabschnitt überlasten, wohingegen der hintere Teil dieses Darmabschnittes seiner Funktion beraubt wird. Beim Pferd mit seinen gegenüber anderen Tierarten besonders langen Därmen, die dafür ausgelegt sind, aus großen Mengen natürlichen Futters langsam die benötigten Stoffe aufzunehmen, sollte man daher annehmen, daß auf Dauer Veränderungen am Darm entstehen, die die Gesundheit beeinträchtigen und sich in Krankheitssymptomen äußern (Brosig 2001d).
Nach Beobachtungen des Autors scheinen alle in einem Körper für einen bestimmten Zweck vorgesehenen Systeme immer wieder einmal wenigstens leicht belastet und damit trainiert werden zu müssen, wenn nicht langfristig Schäden auftreten sollen, seien es nun die Muskeln, Knochen, Sehnen, das Immunsystem, Reparatursysteme gegen Sonnenstrahlung (auch bei grauem Star!) oder die Verarbeitung und Aufnahme von Lebensmittelbausteinen. Dadurch, daß man einem Organismus alles so einfach wie möglich macht, hält man kein Lebewesen auf Dauer gesund und belastbar!
Ausblicke:
Der bei Sloet van Oldruitenborgh-Oosterbaan und Goehring (2001) beschriebene Allergen-Eliminationstest über 4 bis 8 Wochen ist den Beobachtungen dieser Untersuchung zufolge deutlich zu kurz, um den Verstärkungseffekt von Futtermittelbestandteilen auf bestimmte Krankheitssymptome feststellen zu können. Diese Zeitspanne mag aber in den Fällen ausreichend sein, in denen der oder die Futtermittelbestandteile auch die auslösenden nicht nur die verstärkenden Agentien der Symptome sind.
Als pferdeschonendes Mittel der Wahl bei der langfristigen Therapie von Headshaking und Sommerekzem, aber auch bei anderen schleichend auftretenden Krankheiten, deren Ursache unklar ist, bietet sich gemäß den geschriebenen Beobachtungen eine völlige Umstellung auf natürliche Futtermittel an (kein Mineralfutter, kein Mischfutter, kein Mineralleckstein sondern reiner Kochsalzleckstein, keine Leckerli). Anschließend ist mindestens ein Jahr abzuwarten, um den komplizierten Regelsystemen im Körper zu erlauben, sich auf ein stabiles (dynamisches) Gleichgewicht einzuschwingen. Kurzfristige und mittelfristige aber vorübergehende Störungen in der Befindlichkeit, wie eine anfangs erhöhte Nervosität oder stärkere Strahlfäule, sollten als das kleinere Übel in Kauf genommen werden. Erst, wenn innerhalb dieses einen Jahres keine Besserung eintritt, sollte über Zufüttern bestimmter Nahrungskomponenten, und dies über nicht zu lange Zeit, in das in Tab.7 nur grob skizzierte komplexe System eingegriffen werden. Zuvor sollte abgeklärt werden, ob das zugeführte natürliche Futter in etwa die in der vorläufigen Tab. 6 angegebenen Durchschnittswerte an Spurenelementen enthält und auf die in dieser Tabelle angegebenen Werte sollte eine eventuelle Zufütterung auch angepaßt werden. Leichte Abweichungen spielen keine Rolle, da der Organismus sich (wenn keine Stoffwechselerkrankungen vorliegen) anscheinend darauf einstellen kann, wie das Beispiel der langfristigen Verfütterung des beschriebenen Heus mit eher geringem Zinkgehalt zusammen mit Hafer an 26 Schulpferde zeigt.
Auf Heu, welches auf mit Kunstdünger gedüngten Wiesen geerntet wurde, sollte verzichtet werden, da überschüssige Düngemittelbestandteile im Futter gemäß Tab.7 die Aufnahme von Spurenelementen und Vitaminen verändern. (So erreichten den Autor mehrere Berichte von Pferdehaltern, die deutlich auf einen Zusammenhang zwischen Kunstdüngung mit Thomasmehl und Superphosphat und dem Auftreten von Mauke hinweisen.)
Die beobachteten großen Zeitverzögerungen zwischen Bestandteilen der Fertigfuttermittel als Ursache und den Krankheitssymptomen als Wirkung werfen die Frage auf, inwiefern ähnliche Ernährungseffekte auch bei anderen Tieren und auch dem Menschen Allergien verstärken und bislang nur nicht kausal in Zusammenhang gebracht wurden. Dies, zumal die pro Kilogramm Körpergewicht künstlich zugeführten Mengen an Spurenelementen und Vitaminen beim Menschen deutlich geringer sind als beim Pferd, was zu noch längeren Zeitverzögerungen Anlaß geben könnte. Mögliche Kandidaten wären hier z.B. die Multiple Chemical sensitivity MCS, aber auch der Heuschnupfen oder auch eine Lichtallergie, wie sie Hannelore Kohl zum Verhängnis wurde.
Ein Zusammenhang könnte nach Beobachtungen des Autors an Kindern aus dem Bekanntenkreis auch zu der bei Kindern immer häufiger auftretenden Aufmerksamkeits-Defizit-Störung (ADS) und Hyperaktivität (ADHS) bestehen. Bei Hyperaktiven hat es sich gezeigt, daß die Botenstoffe im Gehirn nicht korrekt arbeiten und daß drei Hirnbereiche kleiner sind als bei gesunden Kontrollpersonen. Eine solche Veränderung der Größe von Hirnbereichen, die früher nur selten auftrat, sollte eigentlich durch die Ernährung während des Wachstums bedingt sein.
Literatur
1. BROSIG, S.: Leserbrief in Trakehner Hefte 1/2001, Deutscher Bauernverlag GmbH, Berlin, und in Western Horse 1/2001, Ute Kierdorf Verlag, Wipperfürth (2001a)
2. BROSIG, S.: Leserbrief in Trakehner Hefte 3/2001, Deutscher Bauernverlag GmbH, Berlin, und in Western Horse 3/2001, Ute Kierdorf Verlag, Wipperfürth (2001b)
3. BROSIG, S.: Leserbrief in Trakehner Hefte 5/2001, Deutscher Bauernverlag GmbH, Berlin, und in Western Horse 5/2001, Ute Kierdorf Verlag, Wipperfürth (2001c)
4. BROSIG, S.: Leserbrief in Trakehner Hefte 7/2001, Deutscher Bauernverlag GmbH, Berlin, und in Western Horse 7/2001, Ute Kierdorf Verlag, Wipperfürth (2001d)
5. BROSIG, S.: Beitrag im Online Forum Rinderwahnsinn von Bild der Wissenschaft, www.wissenschaft.de/forum/detail_msg.php3?msg=2009789&referer=date_127 (2001e)
6. BROWN, D.R., F. HAFIZ, L.L. GLASSSMITH, B.-S. SENG, I.M. JONES, CHRISTINE CLIVE und S.J. HASWELL: Consequences of manganese replacement of copper for prion protein function and proteinase resistance. EMBO J. 19, 1180-1186 (2000)
7. HORNING, MICHELLE S., LAURA J. BLAKEMORE und P.Q. TROMBLEY: Endogenous mechanisms of neuroprotection: role of zinc, copper, and carnosine. Brain Res. 852, 56-61 (2000)
8. KUTSKY R.J.: Handbook of Vitamins, Minerals and Hormones, Van Nostrand Reinhold Co., New York (1981)
9. LEE J.M., G.J. ZIPFEL und D.W. CHOI: The changing landscape of ischaemic brain injury mechanisms. Nature, 399: A7-14 (1999)
10. LEY, W.B.: Population medicine case for 1998. http:www.cvm.okstate.edu/~users/leyw/vcs_web/leyhome/PopMed98Case/Hay.html
11. MCKENZIE, DEBBIE, J. BARTZ, JEAN MIRWALD, DORIS OLANDER, R. MARSH und J. AIKEN: Reversibility of scrapie inactivation is enhanced by copper.
J. Biol. Chem., Vol. 273, Issue 40, 25545-25547, Oct.2 (1998)
12. PAULY, P.C. und D.A. HARRIS: Copper stimulates endocytosis of the prion protein.
J.Biol. Chem., Vol. 273, Issue 50, 33107-33110, Dec. 11 (1998)
13. SLOET VAN OLDRUITENBORGH-OOSTERBAAN, M.M. und L.S. GOEHRING:
Immunvermittelte Hauterkrankungen beim Pferd. Pferdeheilkunde 17, 346-356 (2001)
14. SPEARS, J.W.: Minerals in forages. S. 281. In G.C. FAHEY, Jr. (ed.) Forage quality, evaluation, and utilization. American Society of Agrinomy, Madison (1994)
15. UNDERWOOD, E.J: The mineral nutrition of livestock. S.10. Commonwealth Agricultural Bureaux, Slough (1981)
16. UNDERWOOD, E.J.: Trace Elements in Human and Animal Nutrition, Academic Press, New York (1988)
Danksagung:
Ich danke ganz besonders dem ehemaligen Galopprenntrainer Heinz Jentzsch für aufschlußreiche Diskussionen,
weiterhin den Herren Otfried Lengwenat vom Ingenieurbüro für Pferdemanagement, Herrn Prof. em. Dr. Manfred Hauser, Institut für Physikalische Chemie der Universität Stuttgart, Herrn Dr. rer.nat. Klaus Schmiedel und Herrn Dr. Witzmann von der Pferdeklinik in Kirchheim/Teck.